Gütersloh, 13.12.2018

„Unconscious Bias Trainings“: Den „blinden Flecken“ auf der Spur

Themenbereich: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Land: Deutschland
Kategorie: Projekt

Mitarbeiterbeurteilungen, Recruiting oder sogar strategische Investitionsentscheidungen können von unbewussten Tendenzen – sogenannten Unconscious Biases – beeinflusst werden. Müssen sie aber nicht: Ein Training kann helfen, Strategien zum Umgang mit unbewussten Tendenzen zu entwickeln. So können Entscheidungen objektiver und besser werden.

Werden Entscheidungen wirklich rein rational getroffen? Studien zeigen, dass unsere Wahrnehmung von kognitiven Mustern beeinflusst ist. Diese unbewussten Denkweisen und Stereotype bieten uns Orientierung und reduzieren komplexe Informationen – sie sind also hilfreich für schnelle Entscheidungen. Reflektiert man diese Denkmuster allerdings nicht ausreichend, kann sich deren Einfluss negativ auf die tägliche Zusammenarbeit, die Bewertung von Vorschlägen, das Recruiting oder unternehmerische Entscheidungen auswirken. Ein von der Abteilung Corporate Responsibility & Diversity Management und der Bertelsmann University gemeinsam entwickeltes Training kann helfen, Strategien zum Umgang mit diesen „blinden Flecken“ zu entwickeln, damit Entscheidungen objektiver und besser werden.

Beispiele für unbewusste Tendenzen 

„Unbewusste Tendenzen können sich ganz unterschiedlich auswirken“, sagt Nora Müller aus der Abteilung Corporate Responsibility & Diversity Management. „Jeder Mensch trägt verschiedene unbewusste Tendenzen in sich. Eine typische Auswirkung ist der Ähnlichkeitseffekt: Personen, die einem selbst ähnlich sind, werden unbewusst positiver bewertet als solche, die einem unähnlich sind.“ Dies könne sich beispielsweise auf Einstellungsverfahren auswirken, wenn ein Bewerber einen ähnlichen Studien- oder Ausbildungshintergrund wie der Recruiter hat, so Nora Müller. „Durch den Ähnlichkeitseffekt bewertet der Recruiter den Bewerber unbewusst besser, was zu einem verzerrten Urteil im Einstellungsprozess führen kann.“

Unbewusste Tendenzen in strategischen Entscheidungsprozessen können nach Einschätzung von Experten ebenfalls zu Verzerrungen führen. „Der Ankereffekt bewirkt beispielsweise, dass eine bestimmte Information für die Lösung eines Problems als ausschlaggebend betrachtet wird. Andere, möglicherweise ebenso relevante Informationen, werden dadurch ausgeblendet“, fährt Nora Müller fort. Auch innerhalb von Gruppen führten unbewusste Tendenzen zu Verzerrungen. So orientierten sich Individuen oftmals an der vorherrschenden Meinung der Gruppe, um sich zugehörig zu fühlen und Teil des Konsenses zu sein. Dieser Gruppeneffekt könne fruchtbare Diskussionen hemmen und bessere Entscheidungen und Ergebnisse verhindern. 

Die Abteilung Corporate Responsibility & Diversity Management und die Bertelsmann University haben nun gemeinsam ein Training entwickelt, das für den Einfluss solcher unbewussten Tendenzen sensibilisiert und Strategien zum Umgang damit vermittelt. Dabei basieren die Trainingskonzepte auf flexiblen Modulen, die Trainingsziele, unterschiedliche Arbeitskontexte und individuelle Bedürfnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berücksichtigen. 

„Vermeidung wertender Floskeln“

Dazu wurden bei Bertelsmann zwei bereichsübergreifende Pilottrainings mit rund 30 internationalen Führungskräften in Berlin durchgeführt – in englischer und deutscher Sprache. Zudem wurde das „Unconscious Bias Training“ nach einem erfolgreichen Pilottraining im „Management Associate Program“ von Arvato verankert. „Das Feedback bisheriger Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigt, dass das Training als sehr lohnenswert empfunden wird und einen deutlichen Mehrwert für die tägliche Arbeit und das Miteinander schaffen kann“, freut sich Gabriele Becker von der Bertelsmann University. 

Neben positiven Einflüssen auf die Entscheidungsfindung sieht beispielsweise Niklas Darijtschuk, CEO Print International der Bertelsmann Printing Group und Teilnehmer eines Pilottrainings, noch weitere Vorteile: „Ein wichtiger Lerneffekt war für mich, dass wir Führungskräfte versuchen sollten, ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem alle Teammitglieder ganz natürlich sie selbst sein können und in die Lage versetzt werden, einen Beitrag zu leisten. Das können wir zum Beispiel durch die Vermeidung von wertenden Floskeln erreichen.“ 

In den Trainings wurde deutlich, dass nicht nur die Trainingsteilnehmerinnen und -teilnehmer selbst, sondern alle im Team von einem Klima profitieren, in dem unbewusste Vorurteile reflektiert und abgebaut werden. Dies ist für Yasemin Bingöl, CHRO bei Arvato CRM Türkei, besonders wichtig. Sie sieht in dem Training und im „bewussten Umgang mit unbewussten Tendenzen“ eine Grundlage für mehr Vielfalt im Unternehmen.