Kohlhiesels Töchter
Ein Ernst-Lubitsch-Werk von 1920, restauriert von der F.W.-Murnau-Stiftung mit Unterstützung von Bertelsmann
Synopsis
Der Gastwirt Mathias Kohlhiesel will seine zwei ungleichen Töchter verheiraten – die kratzbürstige Liesl und die adrette Gretl. Xaver und Seppl bemühen sich beide um Gretl, doch Vater Kohlhiesel will erst seine ältere Tochter unter die Haube bringen. Draufgänger Xaver heiratet Liesl – anfangs nur um an Gretl zu gelangen; doch im Zuge seiner ebenso ungewöhnlichen wie erfolgreichen „Umerziehungsmaßnahmen“ verliebt er sich in sie. Und da Xaver mit der verwandelten Liesl sein Glück gefunden hat, kann der schüchterne Seppl seine Gretl ehelichen.
Hintergrund
Regisseur und Drehbuch-Co-Autor Ernst Lubitsch ist mit Sicherheit einer der bekanntesten und einflussreichsten Emigranten aus der Frühzeit des deutschen Kinos. Mit einer Reihe großer Historienfilme machte Lubitsch sich Ende der 1910er/ Anfang der 1920er einen Namen und emigrierte bereits 1922 in die USA – die Nazis bürgerten ihn 13 Jahre später offiziell aus. Lubitschs einzigartiger Stil ist schon in seinem deutschen Frühwerk erkennbar. 1919 inszenierte er mit Kohlhiesels Töchter die erste Verfilmung des unterhaltsamen Bauernschwanks von Hanns Kräly als „typisch deutsche“ Variante des Shakespeare-Klassikers Der Widerspenstigen Zähmung. Die Komödie über Profil-neurosen, Innerlichkeit, den Glanz der Seele von innen und den äußeren, trügerischen Schein verlegte er in ein ver-schneites bayrisches Dorf, ähnlich wie schon zuvor bei Romeo und Julia im Schnee (1919/20). „Mit Kohlhiesels Töchter drehte Ernst Lubitsch einen der größten Kinoerfolge der Weimarer Republik. Bis Ende der zwanziger Jahre mehrfach aufgeführt, erreichte in Deutschland kein anderer Film des Regisseurs eine derartige Popularität – selbst die international erfolgreichen Historienfilme Madame Dubarry und Anna Boleyn nicht.“ (Herbert Spaich, 1992)
Henny Porten, damals neben Asta Nielsen einer der ersten deutschen Filmstars, spielte mit Verve, Tempo und großer Lust zur komischen Überzeichnung die Doppelrolle der bis zur naiven Koketterie liebreizenden Gretl und der burschikosen, kämpferischen Liesl. Porten feierte mit Lubitschs burlesker Geschlechterkampf-Komödie einen Sensa-tionserfolg. Im Tonfilm-Remake von 1930 spielte Henny Porten unter der Regie von Hans Behrendt erneut die ungleichen Schwestern.
Bearbeitung
Ernst Lubitschs Kohlhiesels Töchter wurde 1920 uraufgeführt. Von den Materialien, die für die erste Veröffentli-chung entstanden, ist lediglich eine unvollständige, eingefärbte Verleihkopie aus Zellulosenitrat überliefert. Sie enthält dänische Zwischentitel und wird im Danish Film Institute gelagert.
Zwei weitere unvollständige Nitrokopien späterer Herstellung werden im Bundesarchiv verwahrt. Diese sind durch-gehend bernsteinfarben viragiert. Alle Materialien stammen von demselben Kameranegativ, welches heute ver-schollen ist.
Die Kombination dieser drei Filmelemente diente 2022/2023 als Vorlage für die digitale 4K-Restaurierung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. Ein viertes Duplikat späterer Generation aus dem Bestand des Bundesarchivs, von einer 1970er-Jahre Rekonstruktion des Filmmuseums München stammend, wurde zur Ergänzung für Zwischen-titel und Fehlstellen herangezogen.
Nach der Uraufführung wurde der Film leicht überarbeitet, um das Jugendverbot der Film-Prüfstelle Berlin zu um-gehen. Grundlage für die vorliegende Schnittrekonstruktion war die Zensurkarte der jugendfreien Fassung. Quellen zur Uraufführungsfassung waren nicht auffindbar. Die dänische Verleihkopie diente als Referenz für den Farbplan und die Farbrekonstruktion.
Kohlhiesels Töchter (1920)
Regie Ernst Lubitsch
Drehbuch Hanns Kräly, Ernst Lubitsch
Produktion Messter-Film GmbH i.A. Universum-Film AG (Ufa), Berlin
Darsteller Henny Porten, Emil Jannings, Gustav von Wangenheim, Jakob Tiedtke,