Europäischer Autoren-Gipfel
Zwanzig renommierte Schriftsteller aus zwanzig Ländern traten beim „Europäischen Autoren-Gipfel“ in der Berliner Bertelsmann-Repräsentanz auf. Die Veranstaltung markierte einen Höhepunkt im Kulturerbejahr 2018. Auf dem beliebten „Blauen Sofa“ sprachen die Autoren über ihre Gedanken und Gefühle zu Europa und bekannten sich zur europäischen Idee.
Brexit, Migration, nationalistische Tendenzen – Europa durchlebt unruhige Zeiten. Verbindende Werte und gemeinsame Interessen drohen angesichts der EU-Verdrossenheit ins Abseits zu geraten. Ein starkes Zeichen für Zusammenhalt und Dialog auf dem Kontinent setzte der „Europäische Autoren-Gipfel“ in Berlin. Zwanzig Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus zwanzig europäischen Ländern fanden sich in der Bertelsmann Repräsentanz ein, um über ihre Gedanken und Gefühle in Verbindung mit Europa zu sprechen. Obwohl jeder von ihnen einen anderen Hintergrund besitzt, legten sie mit ihren vielfältigen und anregenden Beiträgen ein klares Bekenntnis zur europäischen Idee ab und mahnten vor geschlossenen Grenzen, nationalen Alleingängen und Intoleranz. Für die hochkarätig besetzte und mit über 350 Gästen sehr gut besuchte Veranstaltung stellte Bertelsmann nicht nur die Räumlichkeiten, sondern auch das wohl berühmteste Möbelstück der deutschen Literaturlandschaft zur Verfügung – und das gleich in mehrfacher Ausfertigung. Die Autoren nahmen auf insgesamt fünf Exemplaren des „Blauen Sofas“ von Bertelsmann, ZDF, Deutschlandfunk Kultur und 3sat Platz, die sich auf das Gebäude im Herzen der Berlins verteilten.
Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr
Ein derart großes Aufgebot an renommierten Schriftstellern versammelt sich sonst nur zu den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt am „Blauen Sofa“. Doch der European Cultural Heritage Summit, den Europa Nostra, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 in dieser Woche in Berlin ausrichten, bot dem Autorenforum eine ideale Plattform. Als einer der Höhepunkte in dieser kulturreichen Woche zog der „Europäische Autoren-Gipfel“ prominente Gäste aus Politik, Kultur und Gesellschaft an. Unter ihnen befanden sich die Botschafter Portugals, der Slowakei und der Niederlande sowie der portugiesische Kulturminister Luís Filipe Castro Mendes.
In den fünf Salons traten nacheinander jeweils vier Literaten auf und sprachen mit einem der Moderatoren von Deutschlandfunk Kultur, 3sat oder des ZDF darüber, was ihnen Europa bedeutet, was sie vermissen, was sie sich erhoffen – aber auch darüber, wo Europa für sie endet. Bei zwanzig kreativen Köpfen aus verschiedenen Ländern fielen die Perspektiven und Meinungen wie erwartet bunt gemischt aus.
„Au revoir, meine Schöne“
Autorin Radka Denemarková aus Tschechien etwa schätzt die Vielfalt des Kontinents: „In Europa fährt man ein paar hunderte, in manchen Regionen sogar nur wenige Kilometer, und alles ist anders. Die Sprache, die Architektur, der Inhalt des Tellers und vor allem die Mentalität“, sagte sie. Die norwegische Bestseller-Autorin Maja Lunde berichtete: „Ich schätze die europäischen Städte, große wie kleine, welche lange vor den Autos gebaut wurden. Ich werde nie müde, in europäischen Städten zu Fuß unterwegs zu sein.“ Ein interessantes Bild verwendete Hans Maarten van den Brink aus den Niederlanden: „Ich fühle mich als Europäer, weil ich Flüsse liebe und das Wasser sich nicht von nationalen, sprachlichen oder religiösen Grenzen aufhalten lässt.“ Pierre Mejlak aus Malta machte es pragmatisch: „Europa fühlt sich wie zu Hause an. Ich wurde in Malta geboren, arbeite in Belgien, studiere in Großbritannien, meine Frau ist aus Estland, und meine Kinder sind ganz einfach Europäer.“ Claire North aus Großbritannien sagte, dass Europa zunächst ein abstraktes Ideal sei und nur dann eine Chance habe, wenn es das Leben der Menschen verbessere. Dass ihr Land an diese Chance offenbar nicht mehr glaubt, quittierte sie mit einem Anflug von Sentimentalität: „Wenn ich ein Buch über Europa schreiben müssten, hieße es ‚Au revoir, meine Schöne'“, sagte North in Anspielung auf den bevorstehenden Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU.
Zum derzeit viel diskutierten Thema Migration meinte die dänische Autorin Janne Teller: „Es kann bedrohlich wirken, wenn viele Menschen aus anderen Ländern zu uns kommen. Aber viel schlimmer ist doch, dass die Gefahr und die Armut, vor der diese Menschen fliehen, so groß ist, dass sie ihr Leben aufs Spiel setzen, um zu entkommen. Das sollten wir adressieren.“
Der „Europäische Autoren-Gipfel“ entstand in enger Zusammenarbeit mit den Botschaften Dänemarks, Islands, Luxemburgs, Maltas, der Niederlande, Norwegens, Portugals und der Schweiz sowie der Vertretung der Föderation Wallonie-Brüssel und Ost-Belgiens und der Generaldelegation der Regierung Flanderns und Flanders Literature. Ebenso unterstützten die Gemeinschaft der europäischen Kulturinstitute in Berlin (EUNIC), der British Council, das Georgian National Book Centre, das Institut Français Deutschland, das Instituto Italiano di Cultura Berlino, das Lithuanian Culture Institute, das Kulturministerium des Großherzogtums Luxemburg, das Österreichische Kulturforum Berlin, das Polnische Institut in Berlin und Leipzig, die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, das Slowakische Institut in Berlin sowie das Tschechische Zentrum Berlin.