Der Musik-Unternehmer – Thomas Coesfeld im Portrait
Thomas Coesfeld, seit einem Jahr CEO von BMG, versteht sich als Musikmanager einer neuen Generation. Als einer, der Musiker und Songschreiber, Künstler und Kreative mit seinen Management-Fähigkeiten begleitet, unterstützt und zu wirtschaftlichem Erfolg führt – ganz so wie das Musikunternehmen insgesamt mit seinen mehr als 1.000 Beschäftigten weltweit. Dem 34-Jährigen ist es schon jetzt gelungen, die Profitabilität von BMG weiter zu steigern. Mit dem gleichen Selbstverständnis als Manager und dem gleichen Anspruch an sich selbst zieht er jetzt in den Bertelsmann-Vorstand ein und vertritt dort mit BMG ein klassisches Mediengeschäft mit einer langen Bertelsmann-Tradition, die bis ins Jahr 1958 zurückreicht.
Seit dem 1. Juli 2023, also fast auf den Tag genau seit einem Jahr, steht Thomas Coesfeld als CEO an der Spitze von BMG. Die „Financial Times“ beschrieb schon seine Ernennung als „gute Wahl, um das solide Finanzmanagement bei BMG fortzusetzen“, weil er das Geschäft „extrem gut“ verstehe. Wenig später nannte das „Handelsblatt“ Coesfeld in seiner Reihe der „Führungskräfte der Zukunft“. Erst vor wenigen Wochen nahm das renommierte US-Musikmagazin „Billboard“ Thomas Coesfeld neben anderen BMG-Top-Managern in die Liste der „Indie Power Players“ auf, nachdem es ihn bereits kurz zuvor als einen der „International Power Players“ gewürdigt hatte. Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ bescheinigte ihm bereits im Oktober, für BMG schon in seiner noch kurzen Amtszeit zentrale Weichenstellungen vorgenommen zu haben, meinte damit vor allem die Entscheidung, den Digitalvertrieb in die eigene Hand zu nehmen.
Auch Thomas Coesfeld selbst misst diesem Schritt große Bedeutung bei. So erklärt er in einem 100-Tage-Interview seine erste weitreichende Entscheidung als CEO: „Das ist für BMG ein Meilenstein, der das Streaming-Geschäft absolut in den Fokus unseres Handelns rückt. Der gesamte Bereich der digitalen Distribution steht bei BMG für rund 300 Millionen Euro Umsatz jährlich. Wir schließen nun Direktverträge mit den großen Streamingdiensten wie Spotify und Apple Music ab und erhalten so Zugang zu immens wertvollen Streaming- und Trending-Daten.“ Coesfeld fährt fort: „Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass wir Streaming-Tantiemen deutlich schneller an unsere Künstlerinnen und Künstler auszahlen können, und zwar bis zu vier Monate eher.“ Ziel der ersten großen unternehmerischen Weichenstellung Coesfelds ist eine zielgerichtete, kanalübergreifende Vermarktung der Künstler und ihrer Werke. Es ist eines von vielen Mosaiksteinchen, mit denen BMG immer mehr zum bevorzugten Partner für die Entwicklung und globale Vermarktung von Künstler:innen werden will.
Technologie spielt Schlüsselrolle
Die Übernahme des Digitalvertriebs unterstreicht zudem, wie konsequent Thomas Coesfeld das Unternehmen auf digitale Erlösströme ausrichtet. Und es war beileibe nicht die einzige wichtige Entscheidung, die er als BMG-Chef in den zurückliegenden zwölf Monaten getroffen hat. Er hat die BMG-Next-Strategie für eine noch bessere Performance und Profitabilität des Unternehmens weiterentwickelt und umgesetzt. BMG fokussiert sich unter seiner Führung auf die wachstumsstarken Kerngeschäfte Publishing und Recorded. Randgeschäfte wie das mit Live-Events hingegen wurden eingestellt oder verkauft. Im Rahmen der Bertelsmann-Boost-Strategie wurden bei BMG unter Coesfelds Regie als CFO und später als CEO bislang mehr als 800 Millionen Euro investiert.
Technologie spielt in Coesfelds strategischem Denken für BMG eine Schlüsselrolle, was in besonderem Maße für den Einsatz von Data Analytics und künstlicher Intelligenz gilt. Konkret verantwortete er Konzeption und Umsetzung eines branchenführenden, datengetriebenen Investitionsmodells, das auf fortschrittlichen Data-Analytics- und Streaming-Prognose-Modellen basiert. Ebenfalls dank Data Analytics hat er die Monetarisierungs- und Vermarktungsfähigkeit von BMG verbessert. In der Partnerschaft mit der TU München setzt BMG erste Lösungen für eine KI-basierte Rechtevermarktung ein.
Mehrere Positionen im weltweiten Top-Management wurden von Thomas Coesfeld neu besetzt, Teams neu strukturiert. So wurden beispielsweise die globalen Marketing-, Vertriebs- und Katalogorganisationen zentralisiert und auf die Bedürfnisse der ebenfalls global agierenden Partner wie Apple Music, Spotify oder Youtube zugeschnitten.
Die USA spielen als größter, wichtigster und wachstumsstärkster Musikmarkt der Welt in der BMG-Strategie und -Struktur eine immer wichtigere Rolle, so dass Thomas Coesfeld auf seiner Antrittstour von Berlin aus neben London direkt auch die großen US-amerikanischen BMG-Standorte besuchte: New York und Los Angeles, das in der Musikwelt eine immer zentralere Rolle spielt, aber eben auch Nashville. Nachdem BMG schon früh und konsequent auf Country-Musik gesetzt hatte, läuft gerade dort und in diesem Genre das Geschäft ausgezeichnet. Und natürlich gab es in seiner Amtszeit bedeutende neue Künstler-Verträge und Katalog-Käufe, wie zum Beispiel mit Jennifer Lopez und Paul Simon, die ihre Musik BMG anvertrauten. Hinzu kamen Investitionen in Rechte von Künstlern wie Tina Turner, John McVie, Jean-Michel Jarre, Mötley Crüe, John Legend, Martin Solveig, ZZ Top, Jet, Chris Rea, Simple Minds, Workshow, Fitz and the Tantrums, Juicy J, Manic Street Preacher, Camille Purcell und Snap.
Die direkten Kontakte mit den Kreativen der Musikwelt sind auch für Thomas Coesfeld, der ja schon seit 2021 als CFO von BMG mit ihnen sprach und verhandelte und seit Oktober 2020 Mitglied der BMG-Geschäftsführung ist, bis heute etwas Besonderes im Manager-Alltag. Mit Jennifer Lopez in deren Zuhause erstmals ihr neues Album zu hören; die frisch gekürte Grammy-Gewinnerin Lainey Wilson und ihren Kollegen Jelly Roll zu sprechen – die beiden wichtigsten Country-Stars von BMG; Superstars wie Kylie Minogue zu treffen oder Tina Turner in ihrem Domizil in Zürich zu besuchen, was Thomas Coesfeld bis zu deren Tod im Frühjahr 2023 mehrfach tat: All das sind bleibende Eindrücke und Erfahrungen für seine Arbeit mit etablierten Künstlern und neuen Talenten.
In seine neue Rolle bringt Coesfeld klare Vorstellungen von den wichtigsten Aufgaben eines Top-Managers bei Bertelsmann mit. Um den Erfolg eines Geschäfts zu garantieren, brauche man neben der richtigen Strategie die richtigen Leute in den entscheidenden Positionen – und außerdem die passende Kultur für die mehr als 1.000 Beschäftigen bei BMG genauso wie für die 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Bertelsmann. Coesfelds Überzeugung: „Die Kolleginnen und Kollegen müssen ihre Arbeit als sinnstiftend empfinden und einfach Spaß daran haben.“
KI als Riesenchance – und Herausforderung
Die Beschäftigten – aber auch die Kreativen – mitzunehmen, ist wohl aktuell bei keinem anderen Thema so wichtig wie bei der Frage des Einsatzes von künstlicher Intelligenz im Musikbusiness: Schon lange arbeitet BMG mit künstlicher Intelligenz in den Segmenten Production Music und Synch. Hier wird KI eingesetzt, um Songs zu analysieren und zu beschreiben, damit den Kunden maßgeschneiderte Vorschläge unterbreitet werden können. Mit dem Aufkommen generativer KI, also künstlicher Intelligenz, die eigenständig Inhalte wie Texte, Musik oder Bilder schaffen kann, ergeben sich laut Thomas Coesfeld nun aber ganz neue Möglichkeiten. „Wenn wir zum Beispiel einen 20-Sekunden-Clip zu einem neuen Release entwickeln, der auf Tiktok oder anderen Plattformen veröffentlicht wird, nutzen wir generative KI, um Marketing-Assets wie Grafiken, Bilder oder kurze Videos zu erstellen.“
Der noch spannendere Prozess sei aber der Bereich der qualitativen Verbesserung bereits bestehender Musik mittels generativer KI. Hier seien ganz neue Möglichkeiten vorstellbar, Musik zu kreieren, zu verbessern und zu vermarkten. „Ich sehe das in Summe als Riesenchance“, fährt Thomas Coesfeld fort. „Natürlich stellt generative KI die Definition des Urheberrechts vor große Herausforderungen. Ich bin aber sehr optimistisch, dass die Industrie Lösungen finden wird, beispielsweise durch ,Digital Watermarking‘, also eine Art digitales Wasserzeichen für Songs.“ BMG hat sich verpflichtet, gemeinsam mit der Musikindustrie Lösungen für diese Probleme zu erarbeiten.
Schmerzliche Entscheidungen klar vermitteln
Bevor Thomas Coesfeld im Herbst 2020 zu BMG wechselte, war er Mitglied der Geschäftsleitung der damaligen Bertelsmann Printing Group (heute Bertelsmann Marketing Services) und Chief Strategy Officer (CSO) von Mohn Media in Gütersloh. In seiner Zeit als Strategiechef von Mohn Media bewies Thomas Coesfeld, dass er auch vor schwierigen Entscheidungen nicht zurückschreckt, wenn diese dem Wohl des Unternehmens dienen oder gar für dessen Zukunftssicherung unausweichlich sind. Angesichts der strukturell rückläufigen Druckgeschäfte war er seinerzeit mitverantwortlich für die erfolgreiche Anpassung wichtiger Kundenverträge und für Kostensenkungen bei Mohn Media, aber auch für notwendige Personalmaßnahmen – und das in einem der ältesten Geschäfte von Bertelsmann. „Ich habe gelernt, dass man auch schmerzliche Entscheidungen mit Klarheit treffen, aber auch gut vermitteln muss“, sagte Coesfeld später gegenüber dem „Handelsblatt“. Er konnte aber gleichzeitig verkünden, dass die Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich für Mohn Media existenziell wichtig werden sollten, als wenig kurz darauf infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine die Energiekosten davongaloppierten.
Begonnen hat Thomas Coesfeld seine Bertelsmann-Laufbahn nach einer ersten beruflichen Station bei der Unternehmensberatung McKinsey Anfang 2016. Im Rahmen des Bertelsmann Entrepreneurs Program (BEP) war er für Tochterunternehmen des Konzerns tätig, unter anderem bereits damals für BMG und für Relias, ein Unternehmen der Bertelsmann Education Group, in den USA, das zu den führenden Anbietern von Online-Weiterbildungen im Gesundheitswesen zählt. Schon sein Studium der Betriebswirtschaftslehre hatte Thomas Coesfeld neben dem rheinland-pfälzischen Vallendar in die USA geführt, zunächst nach Washington, dann nach Atlanta. Und gerade heute, gerade im Musikgeschäft verspürt er wieder eine ganz enge Bindung an die Vereinigten Staaten. Immer wieder ist er dort unterwegs, um sich zum Beispiel mit Künstlern, Kreativen und seinem Top-Management, aber auch mit den wichtigen Tech-Partnern Spotify, Apple und Youtube zu treffen, Verträge auszuhandeln und das Musikgeschäft von BMG voranzutreiben. Einen Großteil seiner Arbeitszeit verbringt er daher in den USA oder auf Reisen.