News | Gütersloh, 25.08.2015

„Das Gehirn ist ein biologischer Computer“ – „Bertelsmann Forum“ mit Prof. Dr. Madjid Samii

Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Madjid Samii: „Das Gehirn – ein biologischer Computer“ – so lautete der Titel des „Bertelsmann Forums“, das gestern Abend im Gütersloher Corporate Center veranstaltet wurde. Liz Mohn und der Bertelsmann-Vorstandsvorsitzende Thomas Rabe begrüßten rund 400 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Region zu einer spannenden Vortrags- und Diskussionsrunde. Der aus dem Iran stammende und in Deutschland ausgebildete Neurochirurg Madjid Samii referierte über den neuesten Stand der Hirnforschung und die Behandlung von Hirnerkrankungen. Die Moderation übernahm Christoph Kucklick, Chefredakteur der G+J-Zeitschrift „Geo“.

Das menschliche Gehirn ist ein Wunderwerk der Natur. Seine Komplexität ist ohne Vergleich, seine Funktionsweise längst nicht vollständig ergründet – was die Heilung neurologischer Erkrankungen lange so schwierig machte. Doch immer neue, zum Teil spektakuläre Fortschritte in der medizinischen Forschung und Behandlung auf dem Gebiet der Neurologie lassen Patienten wie Wissenschaftler hoffen. Einen nicht unbedeutenden Anteil an diesen Fortschritten hat Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult. Madjid Samii, der neue Operationsmethoden entwickelt hat, die weltweit als bahnbrechend gelten. Im Alter von 78 Jahren und nach mehr als 20.000 Gehirnoperationen ist er immer noch als Chirurg und Wissenschaftler aktiv.

Im Fokus seiner Ausführungen ​​​​standen die Möglichkeiten, die sich unter anderem auch durch seine eigenen Forschungen an dem 2000 von ihm gegründeten Neuroscience Institute in Hannover ergeben haben – die er in seiner packenden Darstellung nicht nur wortreich und für Laien verständlich erläuterte, sondern auch mit Fotos und Filmen eindrucksvoll belegte. So konnte vor einigen Jahren zum Beispiel bei einem Jungen nach einem Schlaganfall das noch funktionsfähige, aber gestörte Gewebe neben dem eigentlichen Krankheitsherd wieder aktiviert werden – das ursprünglich vollständig gelähmte Kind erlangte seine verlorene Bewegungsfähigkeit zurück.

Es sind rührende und motivierende Momente wie dieser, die Samii nach eigener Auskunft die Kraft geben, die bis zu 16-stündigen Operationen durchzustehen. „Das ist dann nicht mehr Arbeit, sondern Faszination, einem Menschen geholfen zu haben. Da ist keine Müdigkeit, sondern Euphorie“, fasst er die Stimmung zusammen, die ihn und seine Kollegen bis heute in ähnlichen Situationen immer wieder erfasst – und von dem die Zuhörer im Corporate Center einen Hauch erspüren konnten.

Für seine Verdienste um die Ausbildung von Neurochirurgen auf allen Kontinenten wurde er 1997 zum Präsidenten des Weltverbandes WFNS (World Federation of Neurosurgical Societies) gewählt, seit 2011 ist er als WFNS-Botschafter für Afrika tätig. Für seine Bemühungen um die fortschrittliche Entwicklung der Neurochirurgie wurden Madjid Samii unzählige Auszeichnungen verliehen, darunter das Bundesverdienstkreuz für besondere Verdienste um die wissenschaftliche und praktische Entwicklung in der Neurochirurgie, das ihm durch den damaligen Bundespräsident Richard von Weizsäcker verliehen wurde.

Bevor Christoph Kucklick und die Gäste die Gelegenheit für Fragen nutzten, schloss Samii seinen spannenden wie inspirierenden Vortrag  mit einer Mahnung: „Die technische Entwicklung geht immer weiter – das  darf jedoch nicht dazu führen, dass wir alles machen, was möglich ist. Wenn wir in der Lage sind, die hundert Milliarden Nervenzellen in unserem Gehirn zu verbinden, dann sollten wir es vielleicht auch schaffen können, sieben Milliarden Menschen auf unserem Planeten zu verbinden und so Frieden und Freiheit zu erreichen.“