20 Jahre nach dem Tsunami
Bertelsmann und seine Mitarbeitenden ermöglichten 312 betroffenen Kindern ein sicheres Aufwachsen.
Es ist der 26. Dezember 2004. An diesem Tag verwüsteten eine Reihe von Tsunamis, ausgelöst durch ein Erdbeben vor Sumatra, die Küsten von neun asiatischen Staaten rund um den Indischen Ozean und forderten insgesamt 230.000 Menschenleben. Die Katastrophe veränderte damals schlagartig auch das Leben von Anidha, Jeyapratha, Snega, Prabhakaran, Panuwat, Kittisak und Nittiya, Kindern in Indien, Thailand und Indonesien. Sie und viele weitere Kinder und Jugendliche verloren damals ihre Eltern und Angehörigen oder konnten nach der Katastrophe nicht mehr in ihren Familien bleiben. Doch sie fanden nach dem Unglück Zuflucht in einem der Kinderdörfer der internationalen Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer, wo sie sicher und versorgt aufwachsen konnten. Dass dies möglich war, ist auch Bertelsmann und seinen Mitarbeitenden zu verdanken. Sie sammelten und spendeten damals zugunsten der Tsunami-Opfer und brachten so die beeindruckende Summe von 1,4 Millionen Euro zusammen.
Bereits wenige Tage nach der Flutkatastrophe hatte Bertelsmann im Januar 2005 rasch und unbürokratisch eine Million Euro zugunsten der SOS-Kinderdörfer bereitgestellt. Eine anschließende Spendenaktion brachte noch einmal den Betrag von rund 200.000 Euro seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Deutschland, den USA, Großbritannien, Spanien, Chile, Mexiko, Italien, Japan, den Niederlanden und Österreich ein. Geld, das dann von Bertelsmann über ein Matching-Programm noch einmal verdoppelt wurde. Insgesamt landeten so 1,4 Millionen Euro auf dem extra von Bertelsmann eingerichteten Hilfsfonds-Konto. Die Spenden wurden seinerzeit von SOS-Kinderdörfer mit Unterstützung der Bertelsmann-Finanzabteilung in sicheren Festgeldern angelegt, was in den darauffolgenden Jahren Zinserträge in Höhe von rund 300.000 Euro einbrachte.
Nach dem erklärten Willen von Bertelsmann sollten die Spendengelder vor allem der nachhaltigen Unterstützung von betroffenen Kindern zugutekommen. Denn bald nach der Flutkatastrophe zeigte sich, dass dank der weltweiten Hilfsbereitschaft zwar viel Geld für die Soforthilfe zur Verfügung stand, dass aber die weitere Versorgung der Betroffenen, vor allem der Kinder, sehr viel ungewisser sein würde. Bertelsmann hatte sich deshalb dazu entschieden, insgesamt 250 Kindern mit einer SOS-Kinderdörfer-Patenschaft über einen Zeitraum von wenigstens zehn Jahren zu helfen. Am Ende, so die Bilanz von SOS-Kinderdörfer Ende 2020, konnten auch dank der Zinseinnahmen sogar 312 Kinder insgesamt 16 Jahre lang versorgt werden. In diesem Zeitraum waren für all diese Kinder Ernährung, Kleidung, medizinische Betreuung und Ausbildung gesichert.
Ursprünglich sollten die Bertelsmann-Patenschaften vor allem den Kindern im SOS-Kinderdorf im südindischen Puducherry zugutekommen, mit dessen Aufbau direkt nach der Flutkatastrophe begonnen wurde. Doch in Absprache mit den SOS-Kinderdörfern entschloss sich Bertelsmann bald darauf, auch Kinder in den ebenfalls stark betroffenen Gebieten Indonesiens und Thailands mit Patenschaften zu unterstützen. Genau wie in Puducherry entstanden auch hier – und zwar in Medan, Banda Aceh und Meulaboh in Indonesien sowie Phuket in Thailand – neue SOS-Kinderdörfer, um vom Tsunami betroffenen Kindern eine neue Heimat zu bieten.
„Nachhaltige und dauerhafte Hilfe“
„Bertelsmann hat den vielen allein zurückgebliebenen und elternlosen Kindern, deren Leben durch das verheerende Tsunami-Unglück vor zehn Jahren einschneidend geprägt wurde, nachhaltig und dauerhaft geholfen“, bedankte sich Sabine Fuchs, die damalige Geschäftsführerin von SOS-Kinderdörfer in Deutschland, 2010 anlässlich des zehnten Jahrestages der Tsunami-Katastrophe, beim Unternehmen und seinen Mitarbeitenden für die Unterstützung. „In den von Ihnen geförderten SOS-Kinderdörfern können in Not geratene Kinder auch heute noch tagtäglich neue Kraft für ein chancenreiches und selbstbestimmtes Leben schöpfen. Sie erfahren, was es bedeutet, in einer familiären Atmosphäre aufzuwachsen, erleben fortwährend den starken Familienzusammenhalt und lernen, mit dem Erlebten und ihrer Vergangenheit umzugehen.“ Gemeinsam habe man so eine enorme Veränderung im Leben dieser jungen und zum Teil schwer traumatisierten Menschen schaffen können. „Sie haben den betroffenen Kindern in einer aussichtslosen Situation vorbildhaft beigestanden“, fuhr Sabine Fuchs damals fort, „und ihnen den Weg in eine vielversprechende Zukunft gezeigt.“
Auch nach 2020, nachdem die Gelder aus der Tsunami-Spendenaktion aufgebraucht waren, setzten Unternehmen und Mitarbeitende ihre Unterstützung für SOS-Kinderdörfer fort. So half Bertelsmann 2021 jungen Erwachsenen aus den Förderprogrammen von SOS-Kinderdörfer weltweit beim Thema digitale Bildung und stiftete für sie 60 Udacity-Nanodegrees in den Bereichen Cloud, Data und künstliche Intelligenz. Und als Ergebnis der Fitness-Challenge „Fit for Work“, bei der Mitarbeitende in aller Welt mit verschiedenen Sportarten viele Tausend Kilometer zurücklegten und damit Spenden sammelten, konnte sich SOS-Kinderdörfer 2022, 2023 und 2024 jeweils über einen Spendenscheck in Höhe von 10.000 Euro freuen.
SOS-Kinderdorf Puducherry in Indien
SOS-Kinderdörfer ist seit 1963 in Indien tätig. 2004 leistete die Hilfsorganisation Soforthilfe für die Opfer des Tsunami, und seit 2008 erhalten notleidende Familien in Puducherry langfristige Unterstützung. Das SOS-Kinderdorf Puducherry mit 15 SOS-Familien liegt im Vorort Pillayarkuppam etwa 20 km vom Stadtzentrum und ungefähr zwei Kilometer vom Meer entfernt. Puducherry gehört zur südindischen Provinz Tamil Nadu. In der Vergangenheit lebten die meisten Menschen vom Ackerbau und vom Fischfang. Der Tsunami von 2004 hatte in der Region schwere Verwüstungen angerichtet und nicht nur Häuser, sondern auch Boote und Fischernetze und damit die Lebensgrundlage zahlreicher Menschen zerstört. Dank des Wiederaufbauprogramms nach dem Tsunami, an dem auch SOS-Kinderdörfer beteiligt war, konnten sich die Bewohner der Region eine neue Existenz schaffen. Heute arbeiten mehr Menschen in der Industrie und im Dienstleistungssektor, vor allem in der Tourismusbranche.
SOS-Kinderdorf Phuket in Thailand
Das erste thailändische SOS-Kinderdorf entstand im Jahr 1972 in der Hauptstadt Bangkok. Das SOS-Kinderdorf Phuket wurde nach dem verheerenden Tsunami von 2004 errichtet. Direkt nach der Katastrophe startete SOS-Kinderdörfer Nothilfeprogramme. In Thailand wurden Fischern, die ihre Erwerbsgrundlage verloren hatten, Boote und Netze zur Verfügung gestellt. Wohnhäuser, ein Kindergarten und eine Schule wurden wieder aufgebaut. Am Anfang standen medizinische Versorgung, Nahrung und Notunterkünfte im Mittelpunkt der Arbeit. In einem nächsten Schritt wurde versucht, überlebende Verwandte schutzloser Kinder zu suchen und herauszufinden, ob sie in der Lage waren, für diese Kinder aufzukommen. Da im Falle einiger Kinder keine Verwandten gefunden werden konnten oder sie nicht in der Lage waren, sie ausreichend zu versorgen, beschloss SOS-Kinderdörfer den Bau eines neuen SOS-Kinderdorfs mit zwölf SOS-Familien.
SOS-Kinderdörfer Banda Aceh, Meulaboh und Medan in Indonesien
Banda Aceh ist die Hauptstadt der Provinz Aceh im Nordwesten der indonesischen Insel Sumatra. Nach dem Tsunami ergriff SOS-Kinderdörfer in der schwer getroffenen Region Soforthilfemaßnahmen für traumatisierte Kinder und obdachlose Familien. Darüber hinaus unterstützte Kinderdörfer die Gemeinden vor Ort durch den Wiederaufbau von mehr als 500 Häusern und von Gemeindezentren in der Nähe von Banda Aceh und Meulaboh. Großzügige Spenden und die enge Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden ermöglichten schließlich den Bau von drei neuen SOS-Kinderdörfern in Banda Aceh, Medan und Meulaboh. Hier wuchsen die meisten der von Bertelsmann 16 Jahre lang geförderten Kinder auf. Die drei Kinderdörfer umfassen jeweils 15 SOS-Familien, ein SOS-Sozialzentrum und einen SOS-Kindergarten. Nach dem Tsunami startete SOS-Kinderdörfer Indonesien seine ersten Familienstärkungsprogramme. Die SOS-Sozialzentren bieten den umliegenden Gemeinden umfassende Hilfsangebote, darunter Beratungen, Gemeinschaftshilfe und psychologischen Beistand. SOS-Kinderdörfer ermöglicht Kindern den Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und psychosozialer Betreuung. Familien erhalten Nahrung oder werden bei der Einkommensförderung und Behördengängen unterstützt. Durch die Teilnahme an Workshops und Selbsthilfegruppen werden die elterlichen Kompetenzen und das Bewusstsein für Kinderrechte erweitert. Darüber hinaus werden in den SOS-Kindergärten jeweils bis zu 90 Kinder betreut.